Zwei Monate einfaches Leben unter Einheimischen – mein Erfahrungsbericht

aktualisiert 25.1.2022

Zwei Monate unter Einheimischen in einfachsten Verhältnissen Leben. Was ich in dieser Zeit, mitten unter der einheimischen Bevölkerung in einem kleinen Dorf erlebte, erzähle ich dir hier. Das geschehen ist schon einige Jahre her, mir aber noch sehr gut in Erinnerung geblieben. Daher schreibe ich diese Story aus diesen Erinnerungen und den wenigen Fotos die ich damals machte. Die Bilder sind damals noch mit einer einfachen analogen Kamera entstanden, die Qualität ist nicht die beste, obwohl ich das Maximum mit der Bild Bearbeitung herauskitzelte.

In der kleinen Ortschaft, genannt „Sta. Lucia Resettlement“ (weiter unten erkläre ich dir mehr dazu), lernte ich viel vom Philippinischen Alltagsleben. Es war eine Entbehrungsreiche aber auch lehrreiche Zeit. Aber was heisst schon Entbehrungsreich? Ich als Ausländer verzichtete auf vieles während dieser Zeit. Aber aus der Sicht der Einheimischen gab es alles, was zum Leben benötigt wurde. Am besten ich beginne von vorne bei meinem Erfahrungsbericht – zwei Monate einfaches Leben unter Einheimischen.

Die „Kleine Ortschaft“

Durch Umweltkatastrophen wie Erdbeben oder Taifune werden in den Philippinen immer wieder viele Menschen obdachlos. Sie verlieren alles und haben geringe Chancen, sich ohne Hilfe wieder ins Leben zurückzukämpfen. Das Wichtigste dabei ist ein Dach über dem Kopf für Schutz vor Regen und Sonne. Hier kommt das „Resettelment“ Projekt der Philippinischen Regierung zum Zug. Als Beispiel nehme ich den Vulkanausbruch des Pinatubo 1991 auf der Hauptinsel Luzon. Damals wurden kurzfristig von der Philippinischen Regierung gesponserte Siedlungen aus dem Boden gestampft, genannt „Resettlements“.

Haus an Haus und ohne viel Infrastruktur. Wichtig war, die vielen Obdachlosen unterzubringen. Die Philippinische Regierung schenkte diesen Leuten das Land und befreite sie von den Steuern. Diese waren froh um diese Unterkünfte und manche leben noch immer dort. Die einfachen Behausungen wurden über die Zeit von den Besitzern verschönert, vergrössert, bemalt und geschmückt. So, dass bald nichts mehr an die Langweiligen Einheitsbauten in Reih und Glied erinnerte. Geschäfte wurden gegründet, Schulen und Marktplätze entstanden. Einige haben ihren Besitz, den Sie von der Regierung erhielten, verkauft und sind weitergezogen. Und genau eine solche „Unterkunft“ war unsere erste „Immobilie“ in den Philippinen.

Als wir 2009 dieses Reihenhäuschen kauften, erinnerte nichts mehr an diesem Ort an die schweren Zeiten von damals. Die „Notunterkünfte“ sind zu kleinen bunten Häuschen umfunktioniert worden. In den Strassen gibt es Verkaufsstände, Kinder gehen in die Schule und die Erwachsenen gehen morgens Arbeiten und kommen abends nach Hause. Die meisten haben sich ein neues Leben aufgebaut und sind geblieben, fühlen sich wohl dort. Und genau dort, mitten in diesem Gewusel des Philippinischen Lebens, habe ich 2 Monate gelebt.

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Warum ich ein solches Haus kaufte

women-with-notary-signboardEs war die „Kennenlernphase“ meiner Frau Rosalyn. Noch waren wir nicht verheiratet und Sie lebte damals noch in den Philippinen während ich in der Schweiz arbeitete. Sie lebte im Haus ihrer Tante, welche eines Tages beschloss, das Haus niederzureissen und stattdessen Miet-Appartements zu Bauen. Somit musste Rosalyn damals sehr kurzfristig eine neue Unterkunft finden. Damals reiste ich extra für 3 Wochen in die Philippinen um diese Angelegenheit zu Regeln. Geregelt hatten wir es, indem wir eben dieses Reihenhäuschen kauften. Für meine damaligen finanziellen Verhältnisse konnte ich mir keinen Palast Leisten. Aber für diese Unterkunft reichte es. Die ganzen Papiere konnten in der Rekordzeit meiner 3 Wochen dort erledigt werden. So konnte ich guten Gewissens wieder nach Hause Fliegen und Rosalyn und die Kids hatten ein Dach über dem Kopf.

Das Praktische war, dass wir von nun an nicht mehr in einem Hotel Unterkommen mussten. Aber was da auf mich zukam für die geplanten 2 Monate Auszeit im darauf folgenden Jahr, konnte ich damals noch nicht abschätzen. Das Haus bestand aus 3 Räumen: einer Küche, einem Bad und einem Schlafzimmer. Der kleine Vorplatz konnte man nicht als Zimmer bezeichnen, denn dort pulsierte bereits das Strassenleben. Für Philippinische Verhältnisse vollkommen genügend, sind Sie doch sehr gesellig und kennen kein Privatleben. Für mich aber zumindest am Anfang sehr schwierig.

Zu den Platzverhältnissen kam dazu, dass wir auf 50m2 8 Personen unterbringen mussten für die Dauer meiner Auszeit. Das war eine Herausforderung, die aber typisch Philippinisch gemeistert wurde. Jeweils abends wurde der Küchentisch kurzerhand an die Decke gebunden und Matratzen am Boden verteilt. Voilà, Platz für 4 Kinder zum Schlafen. Wir haben das einzige Schlafzimmer erhalten. Die Schwester von Rosalyn und ihr Freund haben auf einer Holzpritsche auf dem Vorplatz geschlafen – geht doch!

Am Tag waren die Kids meist eh auf der Strasse mit den 1000 anderen Kindern am Spielen. So hatten wir genügend Spielraum, um Essen vorzubereiten oder Karten zu spielen. Am liebsten habe ich mich auf dem 5m2 kleinen Vorplatz aufgehalten. Dort traf ab und zu ein Windzug ein und kühlte etwas. Im Haus war es aufgrund der Blechabdeckung auf dem Dach fast unerträglich heiss und Stickig.

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OOPS, da stimmt noch etwas nicht...

Der Alltag in einem Philippinischen Dorf

Eigentlich wollte ich gerne etwas sehen vom Dorf, vom Leben und was es für Geschäft gibt. Wollte den Markt sehen, mit den Menschen sprechen. Aber meine Familie hat mir davon abgeraten im Dorf herumzulaufen. In der Tat habe ich das trotzdem einmal gemacht, als ich es im Haus nicht mehr aushielt. Ich bin kein Ängstlicher Typ, aber als ich so durch die Strassen lief, fühlte ich mich beobachtet. Na ja, als einziger Weisser kein Wunder. Aber ich fühlte, dass da mehr war und hatte mich echt unsicher gefühlt in den verwinkelten Strässchen und Gassen. Schliesslich leben diese Menschen von sehr wenig. Das soll kein Vorwurf sein, denn was würden wir in Ihrer Situation machen? Jedenfalls bin ich zurück ins Haus, wo mich alle schon suchten. Und was gibt es sonst noch zu tun?

Fernsehen Fehlanzeige aufgrund fehlenden Empfanges. Und die Streifenkrimis auf Tagalog, welche über eine Antenne auf dem Dach gerade so empfangen wurden, habe ich mir nicht antun wollen, schon nur meinen Augen zuliebe. Internet ebenso Fehlanzeige. Wohl gab es ein I-net caffee Filipino Style. Aber, das was entweder immer besetzt oder der Strom fehlte. Einmal wollte ich es aber probieren und wenigstens meine Mails Lesen. Das hätte aber Stunden gedauert aufgrund des Dial-in Steinzeit Modems das sich die 5 Rechner teilten. Also auch nix. Karten Spielen war so die einzige Beschäftigung während des Tages, wenn wir zuhause waren. Das hat aber wenigstens grossen Spass gemacht, weil auch die Kids von der Strasse gerne mitspielten.

Toilette und Dusche waren sehr einfach und aufgrund der Hitze immer gut besucht. Der Fensterlose Raum beinhaltete nicht viel mehr als eine Handpumpe und eine Toilette. Zum Duschen oder zum Spülen der Toilette war Handarbeit an der Wasserpumpe angesagt. Die Handpumpe hatte den Vorteil, dass das Wasser kostenlos war.

toilet-and-pomp

Etwas Zivilisation

Wie du dir sicher denken kannst, ist mir nach ein paar Tagen die Decke auf den Kopf gefallen. Na ja, bei 45 Grad innen und 40 Grad Aussentemperatur auch nicht Verwunderlich. In diesen Situationen musste ich einfach raus. Und da das innerhalb des Dorfes nicht möglich war, machte ich mich sehr oft auf den weiten Weg nach Angeles City. Dazu hatte ich den Wagen eines Bruders, den ich benutzen durfte oder auch unser Moped. Der Weg nach AC war kompliziert, lange und nicht ganz ungefährlich (bezüglich der Strassenregeln, die in der Provinz noch weniger Beachtung finden). Die Fahrt dauerte je nach Wetter 30 bis 45 Minuten und war anfangs so kompliziert, dass ich die Strecke ohne Führer nicht alleine gefunden hätte. Aber nach ein paar Mal hatte ich die Strecke im Kopf.

Das Problem war der Regen. Die Strassen (eher Felder ohne Bepflanzung) waren mit Schlaglöchern gespickt. Und das Auto, ein Toyota mit Textilbremse durch das Bodenblech, hatte auch so seine Macken (Scheibenwischer defekt, Scheinwerfer defekt, Platten….) so dass ein Ausflug immer eine Lotterie war. Kommen wir bis Angeles City und wenn ja, kommen wir wieder Heim! Ok, das Problem mit den Scheibenwischern haben wir elegant gelöst mit einem im Fahrer Innenraum bedienten und an beiden Wischern fixierten Seil.

So konnte mein jeweiliger Beifahrer die Anlage „Manuell“ betätigen, pragmatisch, aber geht 😉 die Scheinwerfer waren sehr schwach, ohne Regen reichte es gerade so. Bei Regen war es gut, dass ich die Strecke schon etwas kannte. Und den Platten hatten wir auch nur, weil schon das Metallgeflecht vom Reifen zu sehen war. Autofahren ist ein Abenteuer! Und so haben wir uns (Oft auch in Begleitung der ganzen Familie) bis Angeles City durchgekämpft und machten dort Einkäufe in den vielen Shopping Tempeln, gingen Billard Spielen oder einfach in ein Resto zum essen oder in die Disko. Ausflüge und Freizeitmöglichkeiten gibt es in Angeles City und Umgebung zur Genüge.

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Fazit

Ich will ehrlich sein und meine Einschätzung zu diesen 2 Monaten unter Einheimischen so Objektiv wie möglich halten. Eigentlich fast unmöglich, wenn man diese Zeit selber erlebte. Aber es sind doch schon einige Jahre her. Und ich denke, damit haben sich meine Eindrücke auf das reduziert, was sie wirklich waren. Hier meine kleine Tippsammlung, die dir in einer ähnlichen Situation als Ratgeber dienen kann.

Mein kleiner „wie verhalte ich mich in der Philippinischen Provinz-Guide“

  • Niemals herablassend wirken.
  • Immer freundlich bleiben, auch wenn’s oft schwerfällt. (Ich spreche hier die sprichwörtliche Philippinische Gelassenheit an)
  • Das Gespräch suchen, Filipinos sind Quasseltanten und lieben es über andere zu Quatschen (im Philippinischen Fachjargon nennt man das „tsismoso“ – Ausgesprochen „tschismoso“) Bei uns in Europa eher verpönt, in den Philippinen ein Tägliches Gesprächsthema.
  • Auf das Bauchgefühl und auf die Ratschläge hören. Beides zusammen ergibt ein gesundes Sicherheitsgefühl auf das du dich meist verlassen kannst.
  • Die Leute in der Provinz ticken etwas anders als die Städter. Merkst du sofort wenn du mit ihnen sprichst.

Wow, dieser Bericht sprengt jetzt meine Erwartung. Habe viel mehr geschrieben als geplant. Das zeigt wohl auch, dass es mir Wichtig ist dir diese Geschichte zu erzählen. Würde mich freuen über dein Feedback in den Kommentaren.

2 Gedanken zu „Zwei Monate einfaches Leben unter Einheimischen – mein Erfahrungsbericht“

  1. Also ich muss sagen, mich hat dein Bericht schon beeindruckt. Ich habe nächstes jahr vor selbst auf die Philippinen umzusiedeln. Bin mir auch allen anfänglichen Strapazen bewusst die auf mich zukommen werden. Da ich selbst vom Lande komme ist mir das Großstadtleben auch völlig egal. Ich werde nächstes Jahr est einmal dort hin fliegen um mich etwas umzuschauen. Ich habe dort einen guten Partner gefunden der sich nebenbei noch mit den landwirtschaftlichen Dingen Geld verdient und das ist für mich auch kein Problem, bin ja schließlich auf den Lande aufgewachsen. Wenn ich es mir so richtig überlege, ist das zwar schon ein kleines Abenteuer, schon wegen der Sprache.
    Vielleicht kennst du das Herz der Philippienen die Insel Marinduque. Würden mich freuen, wenn wir in Kontakt bleiben würden und für jeden noch so kleinen Tip fürs erste Überleben. Aber ich vertraue schon meinen Partner.
    Aber wie schon gesagt, die Sprache Tagalog erscheint mir etwas schwer zu sein. Ich weiss nicht ob man die schneller lernt, wenn sich diese mit den dort lebenden Menschen teilt, oder ob es vorteilhafter wäre, einen Kurs zu nehmen. Würde mich freuen, wenn du mir da etwas den Weg zeigen könntest. Danke für deinen Bericht, der wirklich mal anders ist als was man sonst hier zum lesen bekommt.

    Liebe Grüße Harald

    Antworten
    • Lieber Harald
      Vielen Dank für deine Aufmunternden Worte. Ich bewundere deinen Mut, dich ohne Sprachenkenntnisse in einem Armen (aber Wznderschönen) Land nieder zu lassen. Aber keine Angst, erstens ist Tagalog gar nicht schwer, wenn man mal paar grundlagen hat. Und englisch kann sowieso jeder.
      Marinduque kenne ich noch nicht. Das klingt aber nach einem guten Tipp für eine unserer nächsten Reisen. Danke !
      Ich helfe dir gerne mit Tipps, wenn ich kann.
      Liebe Grüsse
      Urs

      Antworten

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